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Forschende entwickeln selbstlernendes Hochwasser-Frühwarnsystem

Künstliche Intelligenz soll Pegelstände in Seen- und Flusseinzugsgebieten in SH vorhersagen und vor Hochwassern warnen. Das Land Schleswig-Holstein fördert gemeinsames Projekt von CAU und LLUR mit rund 255.000 Euro bis zum Frühjahr 2025

Förderung über rund 255.000 Euro übergeben: CAU-Vizepräsident Prof. Dr. Eckhard Quandt, Digitalisierungsminister Dirk Schrödter, Leiter der Arbeitsgruppe Intelligente Systeme an der CAU, Prof. Dr. Sven Tomforde und sein Doktorand Michel Spils. (v.l.) © Jürgen Haacks

Schleswig-Holstein als Land zwischen Nord- und Ostsee hat eine Küstenlinie von ca. 1.400 km und rund 20 Prozent der Landesfläche liegen unter einer kritischen Höhe von 2,5 m über dem Meeresspiegel. Im Binnenland geht eine Überflutungsgefährdung potenziell von mehr als 32.000 km Fließgewässern und etwa 300 Seen aus. Die Vorhersage von Wasserständen an Binnenpegeln und somit möglichen Hochwassern ist für viele kleinere Einzugsgebiete mit bisherigen Modellen - wenn überhaupt - sehr aufwändig.

Forschende von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) arbeiten daher an einem Online-System, das Wasserstände an Binnenpegeln mithilfe von Künstlicher Intelligenz prognostiziert und automatisiert vor kritischen Situationen warnt. Das Land Schleswig-Holstein fördert die Entwicklung mit gut 255.000 Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.

Digitalisierungsminister Dirk Schrödter überreichte den Förderbescheid am Mittwoch, 30. November 2022, in der Uni Kiel und sagte: „Künstliche Intelligenz ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel und bietet enorme Chancen für den Natur- und Umweltschutz. Die Meeresspiegel steigen, dadurch nehmen auch Überschwemmungen im Landesinneren zu. Dieses Projekt der CAU und des LLUR zeigt eindrucksvoll das große ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Potenzial von KI, das wir in Schleswig-Holstein weiter ausschöpfen werden.“

Laut CAU-Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Eckhard Quandt gibt es für dieses Forschungsprojekt in Schleswig-Holstein einfach ideale Bedingungen: „Zum einen finden wir an der Landesuniversität und im LLUR die erforderliche wissenschaftliche Expertise, dann eignet sich die Region mit ihrer Vielzahl an Gewässertypen als Reallabor und schließlich haben wir eine Landesregierung, die klar die Bedeutung KI-basierter Technologien für die Zukunftssicherung erkannt hat.“

Präsentation des geförderten Projektes zum KI-gestützten Hochwasserschutzes
Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (l., neben Rafael Vester von der CAU) weist auf die Bedeutung des Hochwasserschutzes für Schleswig-Holstein und darüber hinaus hin.
Prof. Dr. Sven Tomforde und Michel Spils von der Arbeitsgruppe Intelligente Systeme an der CAU arbeiten seit Jahren an dem selbstlernenden Hochwasser-Frühwarnsystem. © Jürgen Haacks
Geimeinsam bei der Zuwendungsbescheid-Übergabe an der CAU Kiel (v.l.): Prof. Dr. Eckhard Quandt, Vizepräsident CAU Kiel, Digitalisierungsminister Dirk Schrödter, Prof. Dr. Sven Tomforde und Michel Spils, Arbeitsgruppe Intelligente Systeme CAU Kiel, Dirk von Riesen und Ramon Hiemcke, LLUR

System kann kurz- und langfristige Phänomene erkennen 

Ziel des Projektes ist eine Kurzfristvorhersage zwischen 24 und 48 Stunden für alle schleswig-holsteinischen Pegelstände in hochwassergefährdeten Gebieten. „Das System kann auf die lokalen Bedingungen eingehen. Sowohl periodische Ereignisse, wie der Tideeinfluss, aber auch langfristig wirkende Phänomene kann es erkennen und bei seinen Berechnungen berücksichtigen. Dazu gehören auch Schneeschmelzen und Änderungen der Topologie“, sagt Sven Tomforde, Professor für Intelligente Systeme am Institut für Informatik der CAU.

Das System müsse anfangs mit vielen Daten gefüttert werden, bis es irgendwann abweichende Parameter selbstständig erkenne und so genauere Vorhersagen treffen könne. „Jede Messstelle hat ihre eigenen Charakteristika, so dass Modelle eines Pegels nicht direkt auf einen anderen übertragen werden können. Wir wollen erforschen, inwieweit wir mit minimalem Dateneinsatz eine Generalisierung und automatisierte Adaption von bekannten Prognosemodellen auf andere Regionen und Pegel erreichen können.“, ergänzt Tomforde.

Vorstudie liefert vielversprechende Ergebnisse

Wie gut das System funktionieren kann, hatten CAU und LLUR zuvor in einer Machbarkeitsstudie überprüft. In dieser untersuchten sie in mehreren Projektphasen die Pegelstände in Willenscharen im Kreis Steinburg, in Tarp, Treia und Hollingstedt im Kreis Schleswig-Flensburg sowie in Föhrden-Barl im Kreis Segeberg

Dabei verglichen die Forschenden die gemessenen Pegelstände mit den prognostizierten sowohl der KI als auch klassischer hydrologischer Modelle. Sie stellten fest, dass die notwendige Genauigkeit für kurz- und mittelfristige Zeiträume erreichbar ist. Im Verlauf der Studie generierte das System immer bessere und genauere Vorhersagen.

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